Diese Webseite verwendet Cookies

Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite nutzerfreundlich zu gestalten, sie fortlaufend zu verbessern und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Publikationen

Pu­bli­ka­tionen

08.02.2021

Schaden hält sich in Grenzen

Interview mit André Frey, Geschäftsführer Figas Autogewerbe-Treuhand der Schweiz AG. 30 Prozent der Schweizer Garagen haben 2020 einen COVID-Kredit aufgenommen. André Frey, Geschäftsführer der Figas sieht keinen Zusammenhang zwischen dem Zustand der Branche und den Bundesgeldern.
André Frey

Herr Frey, gemäss der Schweizerischen Nationalbank hat die Autobranche – nach dem Gastgewerbe – die COVID-Kredite des Bundes am stärksten genutzt. Geht es der Branche so schlecht?

André Frey, Geschäftsführer Figas: Ich sehe keinen direkten Zusammenhang. Die Nutzung der COVID-Kredite ist nicht gleichzusetzen mit dem Zustand der Branche. Wie wir in einem früheren Artikel in AUTOINSIDE geschrieben haben, dürfte das Fahrzeuggewerbe relativ glimpflich durch die Krise kommen. Natürlich sind die Ertragseinbussen im Neuwagenhandel beträchtlich. Wir stellen aber auch fest, dass sich der Occasionshandel sehr positiv entwickelt hat. Ferner konnten die Einbussen in den Werkstätten während des Lockdowns im Frühling vielerorts mit der Kurzarbeitsentschädigung kompensiert werden. Zudem haben wir oft beobachtet, dass sich infolge Kostenoptimierungen auch die Kosten reduziert haben. Und nicht zuletzt haben die meisten Importgesellschaften ihr Händlernetz unterstützt. Insgesamt gehen wir davon aus, dass sich der Schaden in Grenzen hält.

30 Prozent aller Unternehmen im Bereich Autohandel/Autoreparatur haben gemäss SNB einen Hilfskredit erhalten. Wie erklären Sie sich dies?
Grundsätzlich ist die Liquidität für ein Unternehmen so wichtig wie die Luft zum Atmen. Das Fahrzeuggewerbe ist generell sehr kapitalintensiv. Somit ist die Liquidität immer ein Thema. Die allgemeinen Kennzahlen der Liquidität innerhalb der Branche bestätigen dieses Bild, liegt doch der Quick Ratio – das heisst, die flüssigen Mittel und Forderungen im Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten – mit 61,3 Prozent deutlich unter dem allgemeinen Mindestwert von 100 Prozent. Dies ist auf die hohen Lagerbestände zurückzuführen. Deshalb wurde aus Liquiditäts- und Sicherheitsgründen die Staatshilfe rege genutzt. Diesbezüglich war es für einmal ein grosser Vorteil, dass im Fahrzeuggewerbe im Vergleich zu vielen anderen Branchen hohe Umsätze erzielt werden. Da die Höhe des maximalen COVID-19-Kredits umsatzabhängig ist, konnten fahrzeuggewerbliche Betriebe namhafte Kredite beantragen.

In der Dezemberausgabe von AUTOINSIDE hat die Figas in einem Fachbeitrag darauf hingewiesen, wofür diese Hilfskredite verwendet werden dürfen und wofür auf keinen Fall. Ist den Garagisten klar, dass sie mit diesem Geld beispielsweise keine Investitionen in neue Geschäftsfelder tätigen oder Dividenden ausschütten dürfen?

Im Antragsformular «COVID-19-Kreditvereinbarung », das durch die Unternehmer ausgefüllt und unterzeichnet werden musste, sind sowohl die Voraussetzungen wie auch die Regeln für die Benutzung des Kredites im Detail aufgeführt. In der Hektik des Lockdowns ist möglicherweise das Kleingedruckte nicht immer genau beachtet worden. Einzelne Punkte wie die Dividendenzahlungen wurden jedoch immer wieder von der Presse thematisiert und sollten eigentlich den Unternehmern bekannt sein. Wir haben in unserem Artikel bewusst noch einmal die Unternehmer sensibilisiert, da bei Verstössen happige Sanktionen drohen. Der Artikel ist bei uns auf der Homepage figas.ch aufgeschaltet.

Dass man einen Kredit bezieht, heisst noch nicht, dass man ihn auch benötigt. Haben Sie einen Überblick, wie viele dieser Kredite auch tatsächlich verwendet wurden?

Nein, einen solchen Überblick haben wir nicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein Grossteil der Betriebe, die einen Kredit beantragt haben, diesen im aktuellen Tagesgeschäft immer noch nutzt. Es gibt aber auch etliche Betriebe, die den Kredit immer noch vollumfänglich als Liquiditätsreserve auf einem Konto parkiert oder bereits wieder zurückbezahlt haben.

Im Jahr 2020 gab es in der Schweiz weit weniger Konkurse als in anderen Jahren. Der Schweizerische Gläubigerverband Creditreform spricht von «Zombiefirmen», die sich dank staatlicher Unterstützung noch über Wasser halten, aber untergehen werden, sobald diese Unterstützung wegfällt. Muss man in den nächsten zwölf Monaten eine Konkurswelle im Autogewerbe befürchten?
Nach meiner Einschätzung muss man nicht mit einer Konkurswelle im Autogewerbe rechnen. Betriebe, die sich im März 2020 in einem Konkurs- oder Nachlassverfahren befanden, hätten so oder so keinen Kredit beantragen können respektive dürfen. Diese 0- Konkurse sind in die normale Statistik 2020 gekommen. Es kann aber durchaus sein, dass sich durch die COVID-19-Kredite die Lebensdauer von gefährdeten Betrieben verlängert hat und die Gefahr besteht, dass diese Betriebe zu einem späteren Zeitpunkt in Konkurs gehen oder liquidiert werden. Mit der staatlichen Unterstützung besteht aber auch die Chance, dass diese Betriebe die Zeit nutzen, um ihre Hausaufgaben zu machen und ihren Betrieb wieder auf Kurs bringen. Es ist schon möglich, dass es in nächster Zeit mehr Konkurse im Autogewerbe gibt als bisher, aber von einer Konkurswelle kann wie eingangs erwähnt aus meiner Sicht sicherlich nicht gesprochen werden.


Foto und Text: Sandro Compagno / AutoInside

FIGAS Autogewerbe-Treuhand der Schweiz AG / FIGAS Revision AG | Mühlestrasse 20 | 3173 Oberwangen BE | T +41 31 980 40 50 | info@figas.ch